OpenAI setzt ehemalige Investmentbanker ein, um KI für Junior-Banking-Aufgaben zu trainieren

Die Firma OpenAI startet ein internes Projekt mit dem Codenamen „Mercury“, in dem mehr als 100 ehemalige Investmentbanker eingestellt wurden, um KI-Systeme so zu trainieren, dass sie Aufgaben übernehmen können, die bisher von Junior-Bankern erledigt wurden. Laut einem Bericht von Bloomberg L.P. sollen diese Fachleute Finanzmodelle für Transaktionen wie IPOs, Umstrukturierungen und M&A-Deals erstellen – wöchentlich ein Modell –, das anschließend von der KI analysiert und nachgebildet wird.

Die ausgewählten ehemaligen Banker stammen aus großen Häusern wie Goldman Sachs Group, Morgan Stanley und JPMorgan Chase & Co.. Die Bezahlung soll in den USA bei etwa 150 US-Dollar pro Stunde liegen. Die Rekrutierung erfolgt weitgehend automatisiert: Kandidaten durchlaufen einen circa 20-minütigen Interview-Chatbot, gefolgt von Tests zu Finanzberichten und Modellierung.

Warum das relevant ist
– Das Projekt zeigt, wie OpenAI wert auf konkrete Einsatzbereiche legt: Nicht mehr nur generelle Sprach-AI, sondern branchenspezifische Modelle mit echtem Geschäftsnutzen.
– Für Banken könnte dies bedeuten: Routine-Excel- und PowerPoint-Arbeit, die bislang bei Junior-Bankern lag, könnte zunehmend von KI übernommen werden.
– Für die betroffenen Mitarbeitenden heißt das: Einerseits weniger monotoner Aufbau- und Modellierungs-Arbeit – andererseits aber womöglich weniger Gelegenheit, exakt diese Aufgaben als Lern- und Einstiegschance zu nutzen. Ein Branchenkenner warnt, dass das „manual work“ gerade jungen Analyst*innen wichtige Lernpfade bietet.

Einordnung & offene Fragen
Unklar bleibt, wie weit die Automation derzeit schon reicht: Wird die KI wirklich vollständig selbst Modelle erstellen, oder handelt es sich noch stark um assistierende Tools mit menschlicher Überwachung?
Welche Auswirkungen hat das auf Karrierepfade im Investmentbanking? Wenn Einstiegsaufgaben wegfallen, müssen Banken andere Wege finden, Talente zu entwickeln.
Welche regulatorischen oder ethischen Aspekte spielen mit? Wenn KI Finanzmodelle erstellt, müssen Qualität, Verantwortung und Nachvollziehbarkeit gesichert werden.
Auch: Welche Rolle spielen die ehemaligen Banker nun? Sie tragen Arbeit und Fachwissen in das System ein – sind sie damit „Trainierende“, „Ersatz“ oder etwas dazwischen?

Fazit
Das Mercury-Projekt von OpenAI markiert eine Verschiebung: Weg von genereller KI-Experimentierphase, hin zu gezielter Automatisierung von Fachteilen im Finanzsektor. Es bleibt abzuwarten, wie schnell und tiefgreifend Banken ihre Strukturen anpassen und welche Folgen das für Nachwuchskräfte, Arbeitsprozesse und das Rollenbild von Junior Banker*innen haben wird.

Quellen
1. Omar El Chmouri: „OpenAI Looks to Replace the Drudgery of Junior Bankers’ Workload“, Bloomberg, 21.10.2025. URL https://www.bloomberg.com/news/articles/2025-10-21/openai-looks-to-replace-the-drudgery-of-junior-bankers-workload (abgerufen 22.10.2025)
2. Sherin Shibu: „OpenAI Is Paying Ex-Investment Bankers $150 an Hour to Train Its AI“, Entrepreneur.com, 21.10.2025. URL https://www.entrepreneur.com/business-news/openai-is-paying-ex-investment-bankers-to-train-its-ai/498585 (abgerufen 22.10.2025)
3. Maximilian Schreiner: „Bloomberg: OpenAI trains AI to take on junior banking tasks“, The Decoder, 21.10.2025. URL https://the-decoder.com/bloomberg-openai-trains-ai-to-take-on-junior-banking-tasks/ (abgerufen 22.10.2025)
4. „OpenAI hires over 100 ex-investment bankers to train AI on financial modeling“, Seeking Alpha, 21.10.2025. URL https://seekingalpha.com/news/4505969-openai-hires-over-100-ex-investment-bankers-to-train-ai-on-financial-modeling-report (abgerufen 22.10.2025)
5. „Project Mercury recruits ex-bankers for data and model training“, Mitrade Insights, 22.10.2025. URL https://www.mitrade.com/insights/news/live-news/article-3-1210450-20251022 (abgerufen 22.10.2025)

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