Yann LeCun und die Zukunft der ‚World Models‘ in der Künstlichen Intelligenz
Veröffentlicht: 16. November 2025
Autor: Mike Pearl (Gizmodo), zusammengefasst und erläutert
Der renommierte KI-Forscher Yann LeCun, einer der führenden Köpfe bei Meta und Pionier moderner neuronaler Netze, steht offenbar vor dem Abschied von seinem Posten als Chief AI Scientist bei Meta. Laut mehreren Berichten will LeCun ein neues Kapitel beginnen – mit einem radikal anderen Ansatz zur Entwicklung künstlicher Intelligenz: den sogenannten „World Models“.
Während Unternehmen wie OpenAI, Google und Meta Milliarden in die Weiterentwicklung von Large Language Models (LLMs) investieren, hält LeCun diesen Weg für eine Sackgasse. Bereits im vergangenen Jahr erklärte er: „Ein LLM ist im Grunde eine Abzweigung, eine Ablenkung, eine Sackgasse.“ Stattdessen fordert er KI-Systeme, die die physische Welt verstehen, planen und handeln können – ähnlich wie Tiere oder Menschen.
Was sind World Models?
LeCun erläuterte sein Konzept auf dem AI Action Summit in Paris: Menschen können sich mentale Modelle der Welt bilden – etwa wenn sie sich vorstellen, wie ein Würfel im Raum rotiert. LLMs können darüber schreiben, aber sie verstehen den Vorgang nicht. Für LeCun liegt hier der entscheidende Unterschied: Ein System, das die reale Welt modellieren kann, würde Kausalität begreifen, Handlungen planen und Konsequenzen abschätzen können.
Er vergleicht dies mit der Wahrnehmung eines Kindes, das in vier Jahren durch Sehen und Fühlen mehr Sinnesdaten verarbeitet, als ein Sprachmodell je durch Text erfassen könnte. World Models sollen auf solchen sensorischen Daten beruhen und dadurch ein echtes „Weltverständnis“ entwickeln.
Warum verlässt LeCun Meta?
Berichten zufolge haben interne Umstrukturierungen und die Berufung jüngerer KI-Forscher wie Alexandr Wang (einer der Mitentwickler von ChatGPT) und Shengjia Zhao zu Spannungen geführt. Beide vertreten die skalierende LLM-Strategie, die LeCun für ausgereizt hält. Der 65-Jährige soll nun an einem eigenen Startup arbeiten, das auf World Models spezialisiert ist.
Sein Ansatz sieht vor, dass KI nicht mehr sequenziell Text vorhersagt, sondern den Zustand der Welt modelliert und daraus Handlungsschritte ableitet. Dabei sollen die Systeme auch in der Lage sein, ihre „Energiezustände“ zu minimieren – ein Konzept, das an klassische Optimierungsverfahren in der Physik erinnert.
Die Zukunft der KI – jenseits von ChatGPT?
LeCun sieht World Models als Basis für KI-Systeme, die wirklich planen, handeln und lernen können – und dabei auch sicherer wären. Ihre Kontrollmechanismen wären integraler Bestandteil des Systems und nicht nachträglich hinzugefügt. Das Ziel: Maschinen, die verstehen, anstatt nur zu imitieren.
Ob LeCuns Ansatz den nächsten großen Durchbruch bringt, bleibt abzuwarten. Sicher ist: Er wagt den Sprung von Big Tech zur eigenen Vision – und könnte damit den nächsten großen Paradigmenwechsel der Künstlichen Intelligenz einleiten.
Quellen:
1. Mike Pearl, „‘Imagine a Cube Floating in the Air’: The New AI Dream Allegedly Driving Yann LeCun Away from Meta“, Gizmodo, 15. November 2025, https://gizmodo.com/yann-lecun-world-models-2000685265.
2. Financial Times, „Yann LeCun to Found AI Startup Focused on World Models“, 13. November 2025.
3. Wall Street Journal, „Inside Meta’s AI Division: A Rift Over the Future of Intelligence“, 14. November 2025.
4. AI Action Summit Paris, Keynote Speech von Yann LeCun, Februar 2025.
5. Meta Blog, Mark Zuckerberg, „Superintelligence Is in Sight“, Juli 2025.