Die Philippinen erleben aktuell eine Neuausrichtung in ihrer Rolle als globales Zentrum für Outsourcing und Technologiearbeit. Physische und digitale Aufgaben werden zunehmend von dort aus ferngesteuert, was sowohl Chancen als auch Risiken birgt.
Ein anschauliches Beispiel: In Manila überwachen rund 60 Tele-Operatoren Roboter einer japanischen Firma, die in Convenience-Stores in Tokio Regale bestücken. Die Maschinen gehören der Startup-Firma Telexistence, und die Steuerung erfolgt auf Basis von Plattformen von Nvidia und Microsoft. Die Tele-Operatoren – oft junge Technik-Affine in den Philippinen – betreuen jeweils um die 50 Roboter. Wird ein Roboter-Greifer unpräzise, setzt ein Mitarbeiter mit VR-Headset und Joystick ein. Diese Entwicklung verknüpft zwei Muster: Erstens ist das Land ohnehin schon ein wichtiger Standort für IT-Outsourcing und Business Process Outsourcing (BPO). Beispielsweise nahm die BPO-Branche 2024 rund 1,7 Mio. Beschäftigte auf und erzielte Einnahmen von etwa 38 Mrd. US-Dollar. Zweitens wächst das Thema Automatisierung und KI-Überwachung rasant. Laut dem International Monetary Fund (IMF) sind etwa 36 % der Berufe in den Philippinen „hoch exponiert“ gegenüber KI-Technologien – davon etwa 14 % mit hoher Gefahr der Ersatzbarkeit.
Chancen:
– Für die Philippinen entstehen neue technisch anspruchsvollere Arbeitsfelder: Tele-Steuerung von Robotern, Überwachung von KI-Agenten, Daten- und Systemanalyse.
– Für internationale Firmen ergeben sich Kostenvorteile: geringere Löhne, flexibler Einsatz von Arbeitskräften in Ländern mit niedrigerem Lohnniveau. Im Beispiel verdienen die Tele-Operatoren zwischen etwa 250 und 315 US-Dollar im Monat – deutlich unter dem einem westlichen Mindestlohn.
Risiken & Spannungen:
– Trotz technischer Aufwertung bleibt die Bezahlung niedrig und die Beschäftigung oft prekär (z. B. Vertragsarbeiter ohne langfristige Absicherung).
– Wenn Automatisierung voranschreitet, könnten viele Rollen ersetzt oder stark verändert werden. Der IMF warnt davor, dass etwa 14 % der Arbeitsplätze „ersetzbar“ sein könnten.
– Für die Mitarbeitenden entsteht eine neue Last: Nicht mehr die primären Aufgaben, sondern die Überwachung von Maschinen. Das wirft Fragen zur Würde von Arbeit und zur langfristigen Nachhaltigkeit dieser Rollen auf.
Ausblick:
Die Philippinen könnten sich zu einem entscheidenden Player im globalen „Hybrid-Arbeitsmodell“ von Mensch + Roboter entwickeln. Doch damit dies keine reine „Renn-nach-unten“-Geschichte wird, sind Investitionen nötig in: Qualifikation der Arbeitskräfte (z. B. Daten- und Maschinenkompetenz), regulatorischen Schutz der Arbeitnehmenden sowie eine Infrastruktur, die Automatisierung mit menschenwürdigem Arbeiten verbindet.
Quellen:
1. Beltran, Michael: „Japanese convenience stores are hiring robots run by workers in the Philippines“. Rest of World, 20 October 2025.
2. Cucio, Micholo & Hennig, Tristan: „Artificial Intelligence and the Philippine Labor Market: Mapping Occupational Exposure and Complementarity“. IMF Working Paper No. 25/43, February 2025.
3. KDCI Outsourcing: „Remote Work in the Philippine Outsourcing Industry: Trends & Statistics“. March 20 2025.
4. World Financial Review: „AI in Philippines BPO: Challenges and Opportunities in the BPO Industry in Philippines“. Mar 20 2025.
5. BizKy.ai Blog: „Outsourcing to the Philippines in 2025: Costs, Salaries, Key Hiring Insights“. July 18 2025.